Stammzellen aus Nabelschnurblut spenden
Die Geburt des eigenen Kindes ist für Eltern wie ein Wunder. Aus einer einzigen Zelle entsteht ein kompletter kleiner Mensch mit rosa Haut und kräftiger Stimme. Durch die Nabelschnur waren Mutter und Kind viele Monate lang verbunden. Sie ist die Lebensader des heranwachsenden Säuglings. Doch in der Nabelschnur verbirgt sich auch etwas, das noch lange nach der Geburt Leben schenken bzw. retten kann. Die Rede ist von den Stammzellen im Blut der Nabelschnur. Diese pluripotenten Zellen haben die einzigartige Eigenschaft, sich in verschiedenste Körperzellen zu transformieren, zum Beispiel in Muskelzellen, Nervenzellen und Blutzellen.[1] Entnimmt man Stammzellen eines gesunden Menschen etwa aus dem Knochenmark, kann man diese im Labor weiter züchten und Patienten mit geschädigten Stammzellen einpflanzen. Dadurch lassen sich Krankheiten wie Blut- Knochen- oder Lymphkrebs sowie Immunkrankheiten behandeln und in vielen Fällen sogar heilen.[2] Auch kann man aus Stammzellen Hautersatzprodukte gewinnen, die bei großflächigen Verbrennungen zum Einsatz kommen.
- Stammzellspende – die wichtigsten Infos im Überblick
- Warum sollte man Nabelschnurblut spenden?
- Vor- und Nachteile der Behandlung mit Nabelschnurblut
- Ablauf der Spende
- Fazit
Stammzellspende – die wichtigsten Infos im Überblick
Die Spende der Stammzellen aus dem Blut der Nabelschnur ist ein völlig schmerzfreier Prozess, der erst nach der Abnabelung des Kindes erfolgt. Das entnommene Blut wird nach der erfolgreichen Entnahme in einem sterilen Behältnis zur Untersuchung und Weiterverarbeitung in ein Labor geschickt. Im Labor wird unter anderem analysiert, ob das Nabelschnurblut genügend gesunde und brauchbare Stammzellen enthält, um eingelagert zu werden. Außerdem wird es auf Viren und Pilze untersucht. Wichtig ist die Bestimmung des HLA- Gewebetyps. Die HLA-Proteine sind Antigene, die Abwehrreaktionen im Körper des transplantierten Patienten hervorrufen. Deshalb müssen diese Merkmale bei Spender und Empfänger soweit es geht übereinstimmen. Ansonsten kann es dazu kommen, dass die neu transplantierten Stammzellen gegen den Empfänger agieren und nichts zum Heilungsprozess beitragen können.[3] Diese HLA-Merkmale sind es auch, durch die die Stammzellspende namentlich in einer Datenbank gekennzeichnet wird, welche für Ärzte sichtbar ist. Der Spender bleibt also anonym, kann jedoch bei Eigenbedarf der Stammzellen bei der Datenbank anfragen, ob die gespendeten Zellen noch zur Verfügung stehen. Dies kann dann zurückverfolgt werden, jedoch hat der Spender rechtlich gesehen keinen Anspruch mehr auf seine eigene Spende bei Krankheitsfall.[4]
Möchte man seinem Baby eine Extra- Absicherung für die Zukunft geben, von der zwar nur in einem Bruchteil der Fälle wirklich Gebrauch gemacht werden muss, so kann man auf private Blutbanken zurückgreifen. Diese lagern das Stammzellblut gegen eine einmalige Gebühr ein. Alles weitere zu privaten Nabelschnurblutbanken erfahren Sie in einem unserer nächsten Ratgeber.
Warum sollte man Nabelschnurblut spenden?
Stammzellen bzw. das Blut aus der Nabelschnur seines Babys spenden macht viel Sinn. Besonders bei häufigen Krankheiten wie Leukämie wird nicht mit den eigenen, sondern mit körperfremden Stammzellen behandelt. Denn man geht davon aus, dass schon in den Stammzellen des eigenen Nabelschnurblutes die fehlerhaften genetischen Informationen vorhanden sein können und somit die Krankheit im Körper erneut angefacht wird. Bei anderen, nicht genetisch bedingten Krankheiten ist es wiederum von Vorteil, die eigenen Stammzellen transplantiert zu bekommen, weil diese vom Körper am besten angenommen werden. Ob Spende oder private Einlagerung: Die Frage ist letzten Endes eine moralische eine eigene, persönliche Abwägung. Denn bekannt ist, dass Krankheiten wie Blutkrebs, für die Spenderstammzellen gebraucht werden, oft Kinder betreffen. Man sollte immer folgenden Gedanken im Hinterkopf haben, genauso wie bei einer normalen Blutspende: Wenn ich selbst spende und mit gutem Beispiel vorangehe, sorge ich dafür, dass die Aufmerksamkeit für dieses Thema wächst und auch mein Kind später einmal die Chance auf lebensrettende Stammzellen hat. Außerdem ist eine Stammzellspende für den Spender komplett kostenlos.
Einige Schwierigkeiten kommen jedoch trotzdem auf die Eltern zu, wenn sie sich vor oder während der Schwangerschaft entscheiden, das Nabelschnurblut zu spenden. Denn längst nicht jede Klinik bietet diesen Service an. Man kann Glück haben, dass eine Klinik in der Nähe eine Stammzellspende anbietet, aber auch genauso kann der Fall eintreten, dass der Weg zum nächst gelegenen Krankenhaus mit entsprechender Ausrüstung etwas länger ist. Dafür entschädigt die Gewissheit, dass Ihr kleiner Knirps schon vor der ersten vollen Windel zum Helden wird. Es gilt: Je früher, desto besser, damit alle notwendigen Vorkehrungen, wie die Untersuchung beider Elternteile, rechtzeitig erfolgen können. Sollten Sie sich erst gegen Ende der Schwangerschaft für eine Spende entscheiden, fragen Sie in Ihrer ausgewählten Klinik nach, ob dies noch und ob es überhaupt möglich ist. Um schnell und einfach eine Klinik für die Nabelschnurblut-Spende zu finden, starten Sie eine Umkreis-Suche auf, den Link dazu finden Sie hier. Dort können Sie auch Informationsmaterial anfordern.
Vor- und Nachteile der Behandlung mit Nabelschnurblut
Nabelschnurblut hat einen medizinisch wichtigen Vorteil gegenüber einer Knochenmarkspende: Es hat sich herausgestellt, dass eine immun-Abstoßungsreaktion der Abwehrzellen des Empfängers viel seltener geschieht, wenn ihm Stammzellen aus dem Nabelschnurblut transplantiert werden. Dies liegt daran, dass die fetalen Stammzellen zum Zeitpunkt der Entnahme noch nicht völlig ausgereift sind. So kann auch bei geringerer Übereinstimmung der HLA-Merkmale transplantiert werden.[5] Die Stammzellen sind so effektiv, dass sie beispielsweise das gesamte Knochenmark erneuern können. Stammzellen altern mit uns, deswegen werden Menschen über 55 Jahren auch nicht mehr zur Knochenmarkspende zugelassen. Je jünger der Spender, desto leistungsfähiger sind auch die Stammzellen.[6] Außerdem birgt die Entnahme keinerlei Risiken für den Spender, was enorm wichtig ist. Denn oft wiegt das Risiko schwerer als die daraus gewonnene Hilfe für andere und es kostet Überwindung, selbst aktiv zu werden. Stammzellen können überdies durch Lagerung in flüssigem Stickstoff jahrelang eingelagert werden und verlieren nicht ihre Wirkung. Auch wenn es heutzutage noch schwer ist, einem Patienten einen perfekt passenden Spender zuzuordnen und viele Patienten trotz Vorhandenseins von Stammzellen aus Nabelschnurblut weiterhin auf ihre Spende warten müssen – die Chance, dass irgendwann für die Spende Ihres Kindes eine geeignete Verwendung gefunden wird, erhöhen sich durch die lange Lagermöglichkeit und natürlich auch durch einen Anstieg der Spenden.[7]
Ein Nachteil ist jedoch, dass nur eine geringe Menge Nabelschnurblut pro Spender vorhanden ist. Mit einer Dosis kann oftmals nur erkrankten Kindern und nicht Erwachsenen geholfen werden. Dazu reicht die Zahl der enthaltenen Stammzellen meist nicht aus.[8] Es hängt jedoch von der Schwere der Krankheit und vor allem vom Körpergewicht des Patienten ab, ob eine Transplantation mit Nabelschnur-Stammzellen sinnvoll ist. Deshalb kann man nicht pauschalisieren, dass Nabelschnurblutspenden nur Kindern helfen können. Die Zahl der weltweiten Transplantationen aus dem Blut der Nabelschnur lag für Erwachsene im Jahr 2010 bei immerhin 47 Prozent.[9]
Ablauf der Spende
Zunächst ist es wichtig, dass Sie als Eltern einige Kriterien erfüllen. Dazu gehört, dass Sie volljährig und gesund sind und die Schwangerschaft ohne Komplikationen verläuft. Das Kind muss bei der Geburt voll ausgereift sein (Geburt nach 35. SSW) und Sie müssen wie oben genannt eine Entnahmeklinik ausfindig machen. Ein anderer Ansatz ist es, wenn Sie eine bestimmte Datenbank ins Auge gefasst haben, für die Sie spenden möchten. Informieren Sie sich folglich direkt bei der ausgewählten Datenbank, mit welchen Kliniken diese zusammenarbeitet. Eine Liste der öffentlichen Stammzelldatenbanken finden Sie hier.
Ist die Wahl auf eine Klinik gefallen, werden eine Reihe von Daten per Fragebogen erhoben, ähnlich wie bei einer normalen Blutspende. Es müssen Infektionskrankheiten ausgeschlossen werden. Außerdem wird man aus dem Prozess der Spende ausgeschlossen, wenn die Mutter bestimmte Medikamente zu sich nimmt oder kurz zuvor eine Tätowierung oder ein Piercing hat machen lassen. Ebenso wird eine Blutprobe entnommen.
Sind alle Kriterien erfüllt, kann das Blut entnommen werden. Dies geschieht erst nach der Abnabelung. Das Blut wird in einen sterilen Behälter abgefüllt; man benötigt für eine erfolgreiche Abnahme etwa 150 ml des wertvollen Blutes. In einem Transportbehälter gelangt dieses zusammen mit allen Unterlagen durch einen geschulten Kurierdienst zur Datenbank bzw. in ein Labor, wo es dann weiterverarbeitet wird, um die Stammzellen zu gewinnen. Leider können nicht alle Spenden eingelagert werden, denn manche enthalten zu wenige Stammzellen für einen erfolgreichen Einsatz und eine Einlagerung ist teuer. Die Spende wird aber trotzdem für die Forschung weiterverwendet.[10]
Fazit
Nabelschnurblut bzw. die daraus extrahierten Stammzellen können viele tödlich verlaufende Krankheiten heilen und Leben retten. Jedoch ist die Stammzellforschung längst nicht an ihrem Ende angelangt und auch Prozesse wie die Verfügbarkeit müssen verbessert werden. Dazu kann aber jeder einen Teil beitragen, indem er selbst aktiv wird und spendet. Nur so lässt sich das Datenbank-Netz weiter ausbauen und für Betroffene wird schneller eine passende Spende gefunden. Die Entnahme, Einlagerung und Transplantation von Stammzellen ist ein teurer Prozess, Kliniken bezahlen pro Spende für einen Patienten um die 20.000 Euro an die Datenbank. Auch wenn die Spende an sich für den Spender kostenlos ist, finanziert er diese Maßnahmen durch die Beiträge zur Krankenversicherung indirekt mit. Kritiker argumentieren, dass diese Kosten noch in keinem Verhältnis zum Nutzen der Stammzellen stehen, jedoch braucht es Zeit, um diese noch recht neue Behandlungsmethode zu etablieren und effektiver zu gestalten. Auch im Hinblick auf die weiter ansteigende Zahl der Patienten, die eine Stammzellspende benötigen, sollte man sich zumindest durch den Kopf gehen lassen, ob und wie man selbst helfen kann. Denn man weiß nie, was die Zukunft bringt und ob man selbst einmal zum Betroffenen wird. Jedoch sollten sich Eltern bei der Frage ob spenden, privat einlagern oder einfach gar nicht handeln nicht zu viel Kopfzerbrechen bereiten. Denn nicht nur auf die Zukunft, sondern auf das Hier und Jetzt gemeinsam mit Ihrem Baby kommt es an.
Dieser Beitrag wurde am 11.3.2018 veröffentlicht.
Quellen:
[1] Vgl. http://www.dfg.de/dfg_magazin/forschungspolitik_standpunkte_perspektiven/stammzellforschung/was_sind_stammzellen/. Abgerufen am 11.04.2017.
[2] Vgl. http://www.stammzellen.nrw.de/fileadmin/media/documents/PDF/Patienteninfo_Mit_Stammzellen_heilen.pdf. Abgerufen am 11.04.2017.
[3] Vgl. https://www.babycenter.de/a26573/nabelschnurblutspende#wie. Abgerufen am 11.04.2017.
[4] Vgl. Anm. 3.
[5] Vgl. http://www.dkms-nabelschnurblutbank.de/, Abgerufen am 11.04.2017.
[6] Vgl. http://www.nabelschnurblut.de/nabelschnurblut/fragen.shtml. Abgerufen am 12.04.2017.
[7] Vgl. https://www.nabelschnurblutspende.ch/de/nabelschnurblut-stammzellen. Abgerufen am 12.04.2017.
[8] Vgl. Anm. 7.
[9] Vgl. Anm. 6.
[10] Vgl. Anm. 3.
Bildrechte:
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